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Vortrag am 20.4.22 18:30 im Rahmen der Wake:Up Innovation Talks

https://www.idrei.at/event/innovative-region/

Inhaltsverzeichnis dieser Seite
Ländliche Räume brauchen mehr Pro Kopf Wissen als Städte   
Ein Bildungsnetzwerk für lokale Entwicklung   
Die Rolle der elektronischen Medien   
Fifty Fifty   


Herzliche Grüße aus Wien, insbesondere an meine Freunde in der iHTL in Bad Radkersburg und an alle Bildungsteams die sich die heutige Übertragung anhören.

Ich freue mich sehr, heute ein paar einleitende Bemerkungen machen zu können, bevor Martin Hollinetz das Konzept der OTELOs als Weg zur Unterstützung kreativer Millieus in ländlichen Regionen vorstellt.

Wir - also Martin Maitz und ich - sind auf diese Idee gekommen, weil insbesondere der heutige Wake:Up Innovation Talk sich das Projekt der DorfUni zum Vorbild nimmt, und beginnt, parallel zur und mit dem Modell der DorfUni, persönliche Begegnungen vor Ort durch inspirierende Vorträge anzustiften. Also die modernen Medien sollen Menschen nicht vereinsamen, sondern vor Ort zusammenbringen und sie zur Zusammenarbeit einladen.

Ja, und in dieser Beziehung sind auch Otelo und DorfUni sehr parallele Projekte. OTELO schafft Räume für Begegnung, die DORFUNI vermittelt Inhalte die zu gemeinsamen Initiativen anregen. Wir verstehen uns als eine Art Trichter und als eine Art Filter, um aus der unendlich großen Zahl der Bildungsangebote möglichst gemeinschaftsbildende und verbindende Inhalte zu sammeln und auszuwählen, die einen aktivierenden Einfluss auf Menschen vor Ort ausüben.

Wir tun das vor dem Hintergrund einer immer noch anhaltenden Benachteiligung ländlicher Räume, einer immer noch anhaltenden Abwanderung junger Menschen in die Städte, eines zunehmenden Wettbewerbes um eben diese jungen Menschen. Unser herkömmliches Schulsystem vermittelt zwar Qualifikationen, aber wo sich diese Qualifikationen wirklich umsetzen lassen, in sinnvolle Tätigkeit und in Einkommen und Beschäftigung, das steht auf einem anderen Blatt.

Dabei hätten an sich ländliche Räume einen viel stärkeren Bedarf, aber auch viel mehr Platz für junge Menschen, die mithelfen, den Teufelskreis von Entleerung, Ausdünnung und sinkender Lebensqualität durchbrechen zu helfen.

Ländliche Räume brauchen mehr Pro Kopf Wissen als Städte    

Das Problem das wir mit der DorfUni lösen helfen wollen ist folgendes, es klingt paradox aber es ist so: ländliche Räume brauchen mehr Pro Kopf Wissen als Städte, haben aber schlechteren Zugang zu Bildung.

Ob in der sozialen Daseinsvorsorge, im Bereich der Verwaltung und Infrastruktur, der Produktion, im Gewerbe, in Dienstleistungssektoren, oder dort wo es um Umgang mit natürlichen Ressourcen oder Kulturvermittlung geht: überall haben Spezialisierung, hohe Standards und hohe Ansprüche Einzug gehalten und schaffen Aufgaben, die in ländlichen Regionen von weniger Menschen als in städtischen Bereichen befriedigt werden müssen. Diese Bedürfnisse befriedigen zu können ist aber eine Lebensfrage für die Lebensqualität einer Region.

Die Menschen vor Ort haben also an sich einerseits sogar einen höheren Bedarf an Bildung als die Bewohner von Städten mit ihrem hohen Spezialisierungsgrad – andererseits stehen sie vor dem zusätzlichen Problem, dass diese Bildungsbedürfnisse vor Ort natürlich erstens viel schwerer bewusst gemacht und zweitens, wenn sie bewusst sind viel schwerer befriedigt werden können als in den Städten.

Die wenigen vorhandenen Bildungsinstitutionen am Land können schwerlich die Vielfalt von all dem abdecken was gebraucht wird, und so konzentrieren sie sich auf wenige Standardangebote und machen einander zudem also noch Konkurrenz. Vor allem wird eine Kernaufgabe vernachlässigt: es gilt, die für ländliche Räume lebenswichtigen Netzwerke der Kooperation einzufädeln, also nicht nur Wissen zu vermitteln, sondern auch Beziehungen und Lebenspläne, Rollen- und Aufgabenteilung in den Griff zu bekommen.

Ein Bildungsnetzwerk für lokale Entwicklung    

Es ist allerdings nicht so, dass wir von der DorfUni diese Zusammenhänge entdeckt hätten. Eine ganze Reihe von sehr heterogenen Institutionen hat diese Probleme erkannt und seit geraumer Zeit begonnen, dieser Entwicklung gegenzusteuern: Wir finden darunter Schulen, Büchereien, Erwachsenenbildungsinstitutionen, Bildungswerke, Kulturvereine, Dorferneuerungsvereine, Regionalentwicklungsinstitutionen wie LEADER und Regionalmanagements und viele mehr.

Sie haben, an vielen Orten und in vielen Formen erkannt, dass der Schlüssel zur guten Entwicklung speziell ländlicher Räume darin besteht, nicht nur eine gleichwertige Bildung vor Ort zu ermöglichen – sondern diese auch mit lokalen Entwicklungsperspektiven zu verknüpfen. Dabei ist eine verbreitete Erfahrung: je lokaler und je klarer die Entwicklungsperspektive, umso erfolgreicher die Maßnahmen.

Diese Verknüpfung von lokalen Entwicklungsperspektiven mit Bildungsimpulsen ist das Kernanliegen des Projektes DorfUni. Wir sehen als Idealbild starke Zentren, wie sie etwa derzeit z.B. in Niederösterreich als Dorfgemeinschaftshäuser (->LISL) neu entwickelt werden, in denen die umfassende Weiterbildung vor Ort, angepasst an die lokalen Entwicklungschancen und Bedürfnisse, eine zentrale Rolle spielt.

Wir nennen solche Zentren Lebendigkeitszentren, weil sie nicht sterile Bildungssilos sind, sondern auch und gerade das praktische Tun und die permanente Begegnung von Menschen in den Mittelpunkt stellen. Die OTELOS sind dafür auch besonders schöne Beispiele. Sie vertrauen auf die Kraft der spontanen Ideen der Mitwirkenden.

Und dennoch steht in den mittlerweile vielen Gemeinden, die sich auf diese Art und Weise aktiv in die Bildung einmischen und sie mitzugestalten beginnen, immer auch eine lanfristige strategische Vision, wo sich Lebensentwürfe und Qualirfikation hinentwickeln können und sollen. Wir müssen begreifen, dass vor alle jene Gemeinden überleben werden, die wie ein Unternehmen ihr Produkt - die Entwicklung der eigenen Kernkompetenz - gestalten und steuern, die wissen, dass es eine Hauptachse von Aufgaben und Tätigkeiten gibt, von denen sich dann Unterstützungsbedürfinisse in alle Lebensbereiche ausdehnen.

Wir sehen dass sich diese "immaterielle" Seite, die "Wissensbasis", die Kernangebote durch die eine Gemeinde in einer Region Identität und Lebensfähigkeit gewinnt, in gewisser Weise durch sanfte Steuerungsmaßnahmen beeinflussen lässt. Im idealfall so, dass sich die Kernkompetenzen von Gemeinden in einer Region wechselseitig befruchten und ergänzen, und dadurch quasi eine "Landstadt" entsteht. Das Dorf der Zukunft, ja selbst die Wohnviertel die wir heute planen, erlauben es den Menschen vor Ort mit Gleichgesinnten zu arbeiten. Dafür sorgt ausgerechnet jener Faktor den wir bisher am wenigsten für dle lokale Entwicklung genutzt haben, der aber das ein riesiges Potential hat, wenn wir ihn richtig in die Gestaltung von Zukunfstlernorten integrieren.

Die Rolle der elektronischen Medien    

Modernen Kommunikationstechnologien wie das breitbandige Internet und die Kooperation in Netzwerken sind ganz wichtige Mittel, mit denen sich auch hochgesteckte Ziele erreichen lassen. Lernen findet im Zeitalter des Breitband-Internets durch audiovisuelle Verbindung mithilfe digitalen Videos als mit vielen Sinnen erlebter lebendiger Prozess statt. Je besser und schärfer das Bild, je mannigfaltiger die Anzahl der gleichzeitigen Verbindungen ist, umso intensiver kann die Synchronizität einer virtuellen Lerngemeinschaft erlebt werden.

Das Format der DorfUni ist eine hybride Komposition: Menschen schauen sich in einem Public Viewing mit Leinwand oder großem Bildschirm einen Vortrag an, hören zu, machen sich Notizen. Auf den Input über das Netz und die unmittelbaren Verständnisfragen folgt eine Phase in der lokal über das Gehörte und Gesehene diskutiert wird. In einem dritten Schritt werden die Online Verbindungen wieder aktiviert, werden die Ergebnisse der Diskussionen aus verschiedenen Gemeinden füreinander sichtbar.

Breitband ist damit auch der große Ermöglicher für eine Lerngemeinschaft die über den einzelnen Ort hinausgeht. Wir haben schon in unseren ersten Anfängen in Kirchbach in der Steiermark die Erfahrung gemacht, wie spannend es für die Bewohner einer Gemeinde sein kann, zeitgleich mit vielen anderen eine solche Lerngemeinschaft zu bilden. Mit einem Schlag ist das Gefühl der Kleinheit, der Unbedeutendheit gegenüber der Stadt weg – wir sind so viele und wir wissen so viel, dass unsere Gemeinschaft der Stadt Paroli bieten kann, oder noch besser, mit ihr sogar virtuell verwachsen kann.

Das ist der Grundgedanke der DorfUni: Lernen als Bildung und Verstärkung von Gemeinschaft und Kooperation. Und: Als eine permanente Entdeckungsreise in die unendlichen Potentiale des Innen, der endogenen Potentiale einer Gemeinde oder Region. Denn diese Potentiale sind nicht immer offensichtlich - wir lernen unsere Gestaltungsmöglichkeiten nur durch beispiele und Geschichten, durch Fragen und Forschen kennen.

Die Idee der DorfUni ist, diesen Raum des Fragens und Forschens durch eine Vernetzung von unten zu öffnen und immer mehr zu erweitern. Deswegen bilden wir Bildungsteams überall, die aber nicht nur Empfänger sein sollen. Sie sollen gemeinsam die wichtigen Fragen mit uns stellen, und sie sollen auch zunehmend zu Sendern werden - und Lösungen und Erfahrungen teilen. Und wir beziehen quasi von oben alle wichtigen Wissensträger mit ein. Die richtige Mischung machts.

Damit kommt es zur Zusammenarbeit nicht nur in, sondern auch zwischen Gemeinden und Regionen. Je mehr wir uns mit unseren eigenen Lebensräumen beschäftigen, umso leichter und selbstverständlicher wird es, Wissen zu teilen. Weil es wenig kostet, aber viel bringt. So ein bischen wie die wunderbare Brotvermehrung in der Bibel. Die DorfUni ist im Kern ein Open Source Projekt das von der Freiheit des Wissens ausgeht, genauso wie die Wikipedia.

Fifty Fifty    

Es gibt ein weiteres Prinzip der DorfUni "Fifty Fifty" -

Wissen ist dann am besten, am feinsten und präzistesten, wenn es aus praktischer Erfahrung kommt. Das was oben zu Sendern gesagt wurde, bezeichen wir auch oft als "ProfessorInnen der Praxis". Die Menschen die sich praktisch mit Problemen auseinandergesetzt haben sollen bevorzugt zu Wort kommen.

Dennoch wollen wir das mit dem Überblickswissen von Universitäten kombinieren.

Am besten ist das aber, wenn es zur Amalgamierung führt. Wir sind bemüht, die Verbindung und das praktische Engagement von Universitäten zu fördern. Denn die Ressource Universität wird zunehmend interessant für die Entwicklung von Regionen. Umgekehrt sind Universitäten zunehmend daran interessiert, sogenannte "Reallabore" zu schaffen, denn sie wissen, dass sich in einer rasch verändernden Welt vieles nicht mehr voraussagen, sondern nur mehr praktisch in einer verantwortlichen Forschungs und Innovationsstrategie gemeinsam mit anderen Stakeholdern erarbeiten lässt.

Es braucht eine Bewegung für bewussten Wandel, um die vielfältigen herausforderungen unserer Zeit in den Griff zu bekommen, und die DorfUni versteht sich als Teil einer solchen Wandelbewegung.