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Franz Nahrada / Buchprojekt Globale Doerfer / Synopsis Streifzuege |
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Die rücksichtslose Kritik der bestehenden Verhältnisse ohne gleichzeitige positive Gegenvision birgt die Gefahr, in unbestimmter bis destruktivistischer Negation zu enden. Umgekehrt kann eine utopische Zukunftsfantasie ohne kritische Analyse der Gegenwart schnell unglaubwürdig und weltfremd erscheinen. Meine These: gerade in der Verbindung von schonungsloser Gesellschaftskritik und imaginativer Utopie liegt eine enorme schöpferische Kraft. Wenn sich diese beiden Pole gegenseitig ergänzen und inspirieren, kann daraus jener produktive Widerspruch entstehen, der echte Veränderungen anstößt. Utopien können und sollen Wegweiser und Orientierung sein, Potentiale und Bedürfnisse artikulieren und das Zusammenwirken verschiedenster verdrängter und unterdrückter Energien und Potentiale antizipieren. Wenn sich zur kritischen und zur visionären Intelligenz auch noch eine pragmatische Intelligenz gesellt, als dritter Pol, dann können die Veränderungen Bestand haben. ˧ Insoferne folge ich gerne der Einladung , die in meinen letzten drei Beiträgen erwähnte und angekündigte Vision der Globalen Dörfer hier in Umrissen darstellen zu können, als ernsthaften Gegenentwurf zu einer zunehmend katastrophischen Entwicklung und als bestimmte Negation der "Zeitenwende" zum "kybernetischen Kapitalismus" und seiner Auswüchse in Biopolitik und Geopolitik, informationsflutender Propaganda und kontrollträchtiger Digitalisierung - Dinge die uns gegenwärtig überrollen wie eine veritable Revolution von oben und deren Kritik ich hier als geklärt unterstelle. ˧ Dagegenhalten gegen diese Flutwelle bedeutet nicht eine beliebige Erzählung einer möglichen Zukunft zu liefern, sondern es ist nichts weniger als die Suche nach der nachhaltigen Kombination unserer besten Möglichkeiten, die in der Vision zum Ausdruck kommen soll. ˧ Dabei geht es um alles andere als eine präskriptive technokratische Einheitsvision. Wenn etwas nach all den Erfahrungen der letzten hundert JAhre eine mögliche Zukunft denkens- und lebenswert macht, dann ist es gerade ein dringend benötigter Rahmen für kulturelle Unterschiedlichkeit und reale Freiheit, Formenreichtum und Kreativität, Eigensinn und Autonomie, der mit einer kooperativen Grundstruktur harmoniert. Daher kann auch keiner "bedürfnisorientierten Versorgungswirtschaft" das Wort geredet werden wie etwa bei Alfred Fresin. Das Prinzip der Arbeitsteiligkeit trägt immer das Kainsmal wechselseitiger Instrumentalisierung, Abhängigkeit und subtiler Erpressung hinter der Fassade produktiver Rationalität, schafft und erhält Ungleichheit und Machtgefälle. Auszugehen und durchzudenken wäre eher einer Renaissance der Eigenarbeit, verbunden mit den neuen Potentialen der Technologie und einer Orientierung am Kreislauf mit der Natur. Das bedeutet dass ein solcher Rahmen prinzipiell und beständig der normativen Prüfung und der kulturellen Formbestimmung durch autonome Subjekte ausgesetzt sein muss. Gerade in einer Zeit in der sich der verhängnisvolle Gehalt von scheinbar neutralen und zustimmungsheischenden Begriffen wie "Fortschritt", "Nachhaltigkeit", "Solidarität" und vielen anderen Sprachdenkmälern offenbart, brauchen wir eine Vorstellung beziehungsweise den Entwurf einer Welt, in der es maximalen Raum für Dissens gibt. Der Ideologieverdacht gegen den ontologischen Primat von "Gesellschaft" besteht zurecht - wahrscheinlich leiden wir an einem Zuviel davon. Kooperationen müssen prinzipiell aufkündbar sein wie Christoph Spehr gezeigt hat, aber das kann nicht die ganze Lösung sein, denn Verlässlichkeit von Beziehungen ist umgekehrt ebenso essentiell. Dass es diese Quadratur des Kreises aber gibt und dass sie in der Strukturierung des Raumes eine Basis findet, wird hier zu zeigen sein. ˧
Genug der Vorrede, gehen wir zum Gegenstand oder vielleicht besser zur Idee der Globalen Dörfer selbst. Es gibt ein Leitmotiv in dieser visionären Erzählung über eine friedliche und lebendig gedeihende Welt kooperierender Gemeinwesen. Es ist dies die Idee der "großen Implosion", die nach Eric und Marshall McLuhan Dabei kommt es darauf an, eine Kohärenz von Mustern zu identifizieren, die einander verstärken und tragen. Systemzusammenhänge und Gesellschaftsformationen wuchsen ja schon immer aus solchen Kohärenzen, die stofflich - materielle mit technischen und soziokulturellen Mustern verbanden. Die Vision der Globalen Dörfer besteht aus vielen Arten von solchen Mustern, die gemeinsam Kraft und Lebendigkeit generieren. ˧
Das paradigmatische Werk für die Explikation einer solchen transdisziplinären Kohärenz ist Christopher Alexanders "Mustersprache", die zwar im Kern Probleme und Lösungen im Bereich der Architektur thematisiert, aber zugleich sich nicht scheut, soziale, politische und kulturelle Fragen und Probleme zu thematisieren, die sich im Lauf der Geschichte in verschiedenster Form gezeigt haben und sie mit bewährten Gestaltungsmustern zu konfrontieren, die weit in die Zukunft Relevanz haben dürften. Gerade in Bezug auf die Raumperspektive finden sich hier fundamentale Argumente, die allesamt aus Alexanders Engagement für wirkliche Partizipation im Planungsprozess herrühren. So scheut er sich nicht, am Beginn seines Werkes einen Ersatz von Nationalstaaten durch unabhängige Regionen vorzuschlagen, weil nur so die Rahmenbedingungen für ganzheitliches Handeln, Mitbestimmung und Selbstorganisation gegeben seien. Er spricht sich darüber hinaus gegen Stadtwachstum und Landflucht aus und für eine Intensivierung der Mensch - Natur - Beziehung. ˧
![]() In einem Report der UN-Abteilung DESA (Department for Economic and Social Affairs) wird der Begriff der "In Situ Urbanisation" gebraucht - "ein Modell der ländlichen Entwicklung, bei dem die wesentlichen ländlichen Merkmale bestehen bleiben, während der Lebensstandard auf das städtische Niveau ansteigt." (UN DESA 2021) Ganz im Gegensatz zum neomalthusianischen "Depopulismus" - also der verrückten Idee dass zuviele Menschen die Welt bevölkern - ist tatsächlich das Potential und die Tragfähigkeit unseres Planeten weitaus größer als derzeit benötigt, wenn wir unsere Lebensweise ändern, ohne Lebensqualität zu verlieren. ˧ Gestaltungsmuster die hier ihren Platz haben sind: neue Kleinstadt, Landstadt, multifunktionelle synergetische Lebendigkeitszentren, Themendörfer, Stadthügel, Aber es geht um viel mehr: Anstatt sich weiterhin exklusiv in den hochgezüchteten Wirtschaftskampfmaschinen der modernen Städte zusammenzuballen und zu verbunkern, breiten sich die Menschen in kleineren Einheiten über die ganze Oberfläche des Planeten aus, Einheiten die von ihrer Konzeption her stationäre, hochentwickelte quasi - organische Gebilde sind, die von ihrer Logik her eher Pflanzen gleichen, Stadtpflanzen, Dorfplanzen, die mit Boden und Sonne verbunden sind, mit Techniken, die Wurzeln und Blattwerk ähneln, und die gleich den Pflanzen - und in Gemeinschaft mit ihnen - die stofflichen Grundlagen unseres Lebens synthetisieren. ˧
Je mehr wir über die Funktionsprinzipien der Natur lernen, desto mehr konvergiert nämlich unsere Technologie mit den Entwicklungen, die die Evolution über Milliarden Jahre hinweg hervorgebracht hat. Die Zukunft gehört daher einer "biomimetischen" Technologie, welche nicht nur die bewährten Baupläne der Natur nutzt und weiterentwickelt, sondern auch das enorme Potential zu nutzen versteht, das in den Werkstoffen der belebten Welt selbst liegt. Seien es Textilfasern, seien es verschiedenste Baustoffe, resistente Oberflächen, neue Formen der Energiegewinnung aus der Sonne und so weiter - eine "Grüne Chemie" löst die fossile ab. Alle möglichen Produkte werden ressourcenschonend mittels 3D-Druck aus biogenen Materialien hergestellt. Abfälle gibt es nicht, alles wird wiederverwertet beziehungsweise regeneriert. Architektur drückt diese Symbiose aus Hightech und Naturnähe auf vielfältige Art und Weise aus. Die Serie "Wunderstoffe" auf Arte gab einen Vorgeschmack auf diese Vielfalt - untersuchte Materialien die das Potenzial haben, die Art und Weise, wie wir bauen und leben, zu revolutionieren - vom "denkenden Beton" über das transparente Holz, die immensen Potentiale von Hanf, Pilzen,lebenden Brücken und vieles andere. ˧ So entsteht eine Symbiose zwischen Mensch und Natur, eine neue, nie dagewesene Form der Kulturlandschaft. Die alte Trennung zur reinen Wildnis löst sich auf. Wir sind eins mit der belebten Welt, die uns trägt und nährt. Und dieses neue Verständnis prägt auch unseren Umgang mit ihr. Wir gestalten unsere Umwelt achtsam, als Teil eines größeren, lebendigen Netzwerks. So können wir den ganzen Planeten in diese einzigartige menschlich-natürliche Kulturlandschaft verwandeln, die einen sehr viel umfassenderen Bezug zwischen menschlichen und natürlichen Infrastrukturen herstellt - und daher auch immer die Einzigartigkeit des Ortes, den genius loci ausdrückt. ˧
Es kann nicht genug betont werden, dass die "kybernetische Gesellschaft", sprich die digitalen Technologien, die sich derzeit in den Händen einer unheiligen Allianz aus staatlicher Herrschaft und Privatmacht des Geldes befinden, daraus befreit und in einer völlig anderen Form entwickelt werden müssen, um die Vision Wirklichkeit werden zu lassen. Die Digitalisierung ist dafür in dreierlei Hinsicht essentiell: ˧
Es ist schon angedeutet worden: unsere gegenwärtigen Sozietäten sind nicht das Resultat freier Assoziation, sondern des explosionsartigen Weiterwucherns von sesshaften Strukturen hin zur globalen Megamaschine - Strukturen in denen sich gesellschaftliche Zwänge in einem Wettbewerb von Machtapparaten historisch entwickelt und perfektioniert haben. Die Geschichte der Menschheit war bisher durch das Wachstum riesiger Agglomerationen geprägt, ohne Rücksicht auf die Folgen. Die kybernetische Gesellschaft erfüllt Norbert Wieners Prophezeiung: Die moderne industrielle Revolution ist in ähnlicher Weise dazu bestimmt, das menschliche Gehirn zu entwerten wie die Maschine einstmals die menschliche Hand. ˧ Nun eröffnet die Technologie erstmals die Chance, bewusst kleinteiligere und naturnähere Lebensweisen zu wählen - und so die Fehlentwicklungen der Vergangenheit zu korrigieren. ˧ David de Ugarte beschreibt in seinem Buch "Phyles: Economic Democracy in the Network Century" diese Entwicklung besonders poetisch[2]: ˧ ˧ Die Vergesellschaftung via Internet nimmt die Form eines großen Meeres von Gemeinschaftsblumen an.Die Blogosphäre selbst ist ein Ozean von Identitäten und Gesprächen in ständiger Kreuzung und Veränderung, aus denen in regelmäßigen Abständen die große gesellschaftliche Verdauung stabile Gruppen mit ihren eigenen Kontexten und spezifischen Wissen herausdestilliert. ˧
Diese Gesprächsgemeinschaften, die sich ab einem bestimmten Punkt ihrer Entwicklung herauskristallisieren , spielen die Hauptrollen in dem, was wir digitalen Zionismus nennen: Sie beginnen in die Realität übergehen, gegenseitiges Wissen unter ihren Mitgliedern zu generieren, was sie für diese immer mehr identitär wichtiger macht als das Traditionelle der imaginären Gemeinschaften Holarchische Welt. ˧ Schweiz ˧
Räume der Diversität ˧ Räume der Manifestation. ˧
Wir müssen die Hausaufgaben auf unserem Planeten erledigen, statt die absurden Widersprüche ins All zu tragen. ˧
Hinweise: ˧
MUSTERSPRACHE:
UN-DESA 2021:
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