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Wohin mit 9,5 Millionen Österreichern?   
Gesundschrumpfung nötig   

Wohin mit 9,5 Millionen Österreichern?    

06.08.2010 | 18:34 | (Die Presse)

http://diepresse.com/home/panorama/oesterreich/586033/index.do?direct=586033&_vl_backlink=/home/panorama/oesterreich/586031/index.do&selChannel=119

In den nächsten 40 Jahren wächst Österreich um über eine Million Einwohner. Der Zuwachs wird sich sehr ungleich verteilen. Ein Mammutprojekt für sterbende Randlagen und boomende Ballungsräume.

Österreich rückt zusammen. Zwangsläufig. Denn die Österreicher werden mehr. In den nächsten 20 Jahren prognostiziert die Statistik Austria eine Bevölkerungszunahme von derzeit 8,4 auf neun Millionen Einwohner im Jahr 2030. Bis 2050 sollen es gar 9,5 Millionen sein.

Doch hinter den nackten Zahlen, die am Freitag der Öffentlichkeit präsentiert wurden, steckt deutlich mehr. Das Wachstum wird sich nach dem Rechenmodell der Demografen nämlich alles andere als gleichmäßig über die Republik verteilen. Studienautor Martin Hanika definierte Zonen mit Zuwachsraten von 20 Prozent und darüber, fand aber auch Randlagen, die massiv an Bevölkerung verlieren werden.

Gleichzeitig birgt die Entwicklung auch eine soziale Komponente. Der Zuwachs basiert nämlich einzig und allein auf Zuzug aus dem Ausland. Eine Tatsache, die nicht wenige kritisieren. Dabei würde Österreich ohne Zuwanderung langsam aussterben, die Bevölkerung bis 2050 auf 7,4 Millionen Einwohner schrumpfen.

Speckgürtel werden dicker

Die großen Gewinner werden einem weltweiten Trend folgend die Städte und deren Umlandgemeinden sein. Allein im Speckgürtel um Wien sollen 2050 um 37 Prozent mehr Menschen wohnen als heute. Für die Zentren selbst (Wien, Graz, Linz) sind ebenfalls Wachstumsraten von knapp über 20 Prozent vorhergesagt.

Statistik-Generaldirektor Konrad Pesendorfer führt die Entwicklung auf zwei Trends zurück. Demnach siedeln sich Migranten aus dem Ausland vorzugsweise in den Städten an, während jene, die schon länger in den Zentren leben, von ebendort in die Peripherie ziehen.

Die großen Verlierer im Wettlauf um Zuwanderung (und damit Steuerzahler) sind die ohnehin schon wirtschaftlich schwachen Randregionen im Norden und Süden des Landes (siehe Grafik), aber auch weite Teile der Steiermark entlang der Mur-Mürz-Furche.

Dafür, das sagen die Studienautoren, gebe es mehrere Gründe. Zum einen die schlechte Anbindung an den Verkehr, zum anderen die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung und die damit verbundenen Berufsmöglichkeiten für die arbeitende Bevölkerung.

Ein Blick in die aktuelle Kaufkraft-Studie von GfK? Geomarketing zeigt, dass ziemlich genau jene Regionen zum Teil deutlich unter dem Bundesschnitt von 19.664 Euro pro Kopf und Jahr liegen, die auch mit Abwanderung zu kämpfen haben.

Wolf Huber, Leiter der Abteilung Raumordnung und Regionalpolitik im Bundeskanzleramt, sieht vor allem in der Standortpolitik der Gemeinden eine Chance, die Jungen vielleicht doch zum Bleiben zu überreden. „Dafür braucht es aber mehr als Blasmusik und Freiwillige Feuerwehren. Jobs und Bildungsmöglichkeiten sind gefragt.“ Dort, wo das nicht funktioniert, müsse man sich sachlich und ohne Vorbehalte der Option Rückbau von Infrastruktur stellen (siehe Interview rechts). Außerdem gelte es auch für Randlagen, die Bewerbung von Zuwanderung aus dem Ausland als Chance zu verstehen. „Wäre ich Bürgermeister einer solchen Gemeinde, würde ich allen Zuwanderern den roten Teppich ausrollen.“

Fast jeder Dritte über 65

Doch der Aderlass der Randregionen hat nicht nur mit mangelnder Attraktivität zu tun. Vor Jahrzehnten nämlich lag ebendort die Geburtenrate deutlich höher als in den Städten. Diese starken Jahrgänge werden nun alt und sterben.

In den Ballungsräumen hingegen werden die Kapazitäten knapp. Vor allem die Verkehrsinfrastruktur steht vor großen Herausforderungen. „In diesem Bereich bewegen wir uns schon jetzt vielerorts am Limit“, sagt Harald Griesser aus der Abteilung für Landes- und Gemeindeentwicklung der steiermärkischen Landesregierung. Raum für Wohnbau hingegen sehen die Raumplaner noch mehr als ausreichend vorhanden.

Auch die Bevölkerungsstruktur wird sich bis 2050 deutlich ändern. Die durchschnittliche Lebenserwartung von Männern soll dann 85,9 Jahre (heute: 77,6) betragen, jene von Frauen 89,5 (83). Was das für das Pensionssystem bedeutet? Heute sind gerade einmal 17 Prozent aller Österreicher älter als 65 Jahre. 2050 wird fast jeder Dritte dieser Bevölkerungsgruppe angehören. awe

http://www.statistik.at

http://economyaustria.at/wirtschaft/oesterreich-waechst-und-altert

http://www.orf.at/stories/2007566/2007572/

Gesundschrumpfung nötig    

06.08.2010 | 18:34 | ANDREAS WETZ (Die Presse)

Raumplaner Heinz Fassmann empfiehlt kleinen Gemeinden im „Presse"-Gespräch den Rückbau überdimensionierter Infrastruktur.

http://diepresse.com/home/panorama/oesterreich/586031/index.do?direct=586033&_vl_backlink=/home/index.do&selChannel=119

„Die Presse": Manch einer sah den Trend zum Haus im Grünen beendet. Dabei scheint der Boom des Speckgürtels erst bevorzustehen. Heinz Fassmann: In Österreich hat die Suburbanisierung später eingesetzt als in Deutschland oder den USA. Gegenüber diesen Ländern haben wir Aufholbedarf. Dabei ist der Begriff Speckgürtel irreführend und ungerecht. Umlandgemeinden stellen Arbeitsplätze und Einkaufszentren zur Verfügung, von denen die großen Städte profitieren. Das Verhältnis zwischen Großstadt und Umland ist kein asymmetrisches mehr. Was wäre Wien ohne den Flughafen in Schwechat und die rundherum angesiedelte Wirtschaft? Was wäre Wien ohne Vösendorf, Mödling und Wr.Neudorf, wo sich das Transportgewerbe konzentriert?

Ein Teil der Prognose ist, dass „Altösterreicher" ins Umland, Ausländer in die Städte ziehen.

Fassmann: Die Beschreibung der Tendenz ist korrekt. Zwischen den beiden Migrationen gibt es aber keinen kausalen Zusammenhang. Die einen ziehen nicht weg, weil die Ausländer kommen. Sie tun das beispielsweise auch deshalb, weil sie Kinder bekommen und mehr Wohnraum mit spezifischer Lebensqualität suchen. Und dass Städte Zuwanderer aus dem Ausland anziehen, war schon immer so.

Das sieht nach dem aus, was Kritiker Ghettobildung nennen.

Fassmann: Der Begriff ist vorbelastet. Aber: Es gibt eine großräumige, soziale Entmischung. Mittel- und Oberschichthaushalte konzentrieren sich in einigen Bereichen des unmittelbaren Stadtumlandes, weniger Vermögende weiter draußen, wo es billiger ist. In den Städten beobachten wir ein differenziertes sozialräumliches Muster, Ghettos sehen aber anders aus.

Das Wachstum um die Zentren wird die Verkehrsinfrastruktur weiter fordern. Was ist zu tun?

Fassmann: Die Umlandgemeinden besitzen ein hohes Maß an Autonomie. Jede bemüht sich selbstständig um Zuzug. Das fördert eine fragmentierte Entwicklung. Besser wäre es, das Wachstum im Einzugsbereich bestehender Verkehrsachsen wie Bahntrassen oder Autobahnen zu konzentrieren. Die Räume zwischen den Achsen sollten aber frei gehalten werden.

Was bedeutet die Entwicklung für schrumpfende Regionen?

Fassmann: Infrastruktur kann man nicht von heute auf morgen zurückfahren. Und man muss sie auch dann aufrechterhalten, wenn sie nicht mehr ausgelastet ist. Betroffene Regionen müssen Pläne zur langfristigen Gesundschrumpfung entwickeln. Die schlechte Nachricht lautet: Auch der Rückbau von Infrastruktur kostet Geld.