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Diskussion Über Grundeinkommen270405


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In einer Aussendung hat FranzNahrada eine wesentliche Diskussion zum Thema Grundeinkommen angerissen, was ich (UweChristianPlachetka) aus der Sicht meiner Projektarbeit hier in Peru kommentiert habe.

Die zugesandte Diskussion, Antwort folgt unten

Ausgangspunkt war ein mail in der Oekonux-liste, das in cc:auch an Uwe ging.

From:  "Franz Nahrada" <f.nahrada@reflex.at>
To:  liste@oekonux.de
Subject:  Grundeinkommen wohl eher nicht, Stipendien ja!
Date:  Wed, 26 Apr 2006 09:46:33 +0200
>Am Freitag, 21. April 2006 at 10:55 Uhr +0100
>hat JanKrüger in der oekonux-liste geschrieben
>
> >Sicher ist sowas wie ein Grundeinkommen keine Endlösung, aber es scheint
> >eine momentan durchführbare Weise zu sein, um Leute aus der momentanen
> >Apathie zu holen. Wenn nicht jeder erstmal an sein Überleben denkt,
> >kommen ja eventuell auch wieder Ideen zustande.
>
>Zustimmung!
>
>
>und Christian Siefkes schrieb:
>
> >genau, wobei einerseits ein Grundeinkommen natürlich auf eine
> >kapitalistische Verwertungsmachine angewiesen ist und steht daher in einem
> >gewissen Widerspruch zu Freier Software und verwandten Konzepten -- je
> >mehr
> >Computer mit Linux statt mit Windows ausgeliefert werden, desto schlechter
> >für die Finanzierung des Grundeinkommens (egal, was nun genau besteuert
> >wird, ohne Geld und Verwertung geht's nicht).
> >
> >Aber andererseits würde es zumindest mit der herrschenden Arbeitsideologie
> >brechen und könnte Freiräume für die Entfaltung neuer, nicht mehr auf
> >Verwertung ausgerichteter Produktionsweisen bieten. Also wohl ein Schritt
> >in die richtige Richtung, aber keine Dauerlösung, da auf die alte
> >Produktionsweise angewiesen. Ob das nun allerdings den Kampf für ein
> >Grundeinkommen besonders wichtig macht, oder ob man sich nicht lieber
> >direkt auf die Förderung und Verbreitung des Neuen konzentrieren sollte,
> >ist dann wieder eine andere Frage.
>
>
>Ich finde aus den beschriebenen Gründen den Kampf für ein Grundeinkommen
>gerade nicht für sehr aussichtsreich. Danke an den Hans Ley für seine
>erfrischenden Bemerkungen, endlich wieder eine Lichtgestalt auf oekonux!
>
>Danke aber auch an Jan und Christian, daß sie das Problem wahrnehmen und
>nicht in einem abstrakten Optimismus hinsichtlich des Siegeszugs freier
>Software a la SMn ersäufen. Tatsächlich ist ja das Grudneinkommen für
>viele Leute der geistige Rettungsanker, um nicht komplett durchzudrehen,
>eine Art positiv gewendetes Tittytainment von links in einer Zeit der
>unbewältigbaren Komplexität des Alltags .
>
>(Ich mach da keine Ausnahme, meine persönliche Fähigkeit mich den
>"Herausforderungen des Marktes" zu stellen ist samt Gesundheit und
>Lebensfreude so ziemlich am Ende. Und jeder den ich frage gibt dasselbe zu
>Protokoll. Aber kaum einer kann und will irgendeinem anderen noch
>irgendwie praktisch über die Runden helfen, was unsere Gesellschaft
>tatsächlich extrem pathologisiert)
>
>Auf der anderen Seite gibt es aber immer wieder überraschende
>Erscheinungen im Auflösungsprozeß der bisherigen Verhältnisse, die
>vielleicht wegweisend sind.
>
>So hat in der letzten Woche in Wien ein interessantes Ereignis
>stattgefunden, von dem ich kurz berichten möchte.
>
>der Reihe nach:
>
>Österreich hatte jahrelang die Besonderheit und quasi Staatsideologie daß
>ein gewisser Anspruch auf staatliche Förderung für Künstler besteht, also
>eigentlich nahezu ein echtes Grundeinkommen (was läßt sich denn nicht zur
>Kunst erklären?) , das natürlich wiederum einen Gegenstand permanenter
>Intrige und Rancune darstellt. Kein Mensch kann sich vorstellen wie
>dadurch das Klima in Wien und Umgebung über die normale bürgerliche
>Gleichgültigkeit hinaus vergiftet ist, weswegen wir uns auch gerne im
>Unterschied zur Schweiz als die "Neidgenossenschaft" bezeichnen.
>
>Eine Künstlergruppe namens "netznetz" hat nach einer jahrelangen
>quasimonopolistischen Epoche der Wiener Medienkunstförderung (die meiste
>Unterstützung ging an das Projekt public netbase, zu dem hier in Wien die
>Meinungen ziemlich geteilt sind) in einer antimonopolistischen
>Verzweiflungsaktion durchgesetzt, daß sie die Individualförderungen in
>einem "Community Game" vergeben darf, in der die Gemeinschaft der
>Medienkünstler selbst vergeben darf, wer wieviel Geld kriegt.
>
>In Summe handelt es sich um einen Betrag von zweimal 150.000 Euro, also
>für den Staat bzw. in diesem Fall die Stadtverwaltung eher einen Beitrag
>aus der Portokasse. Dennoch war die Aufregung positiver und negativer Art
>in der Wiener Szene ungeheuer groß, und über 120 Leute stellten sich dem
>Wahlmodus und hätten es mehr gewußt wären es wohl zehn mal soviel
>geworden. Die passiven waren auch die aktiv wahlberechtigten und durften
>ihren ideellen Anteil auf bis zu 20 Leute aufteilen.
>
>Im Zug dieses "Community Games" wurden Spielregeln erstellt, deren
>essentieller Bestandteil ein "Autokannibalismus" des Systems ist. Damit
>nicht zuviele Leute zuwenig Geld erhalten, müssen die die zuwenig Geld
>erhalten das an die opfern, die einem halbwegs substantiellen Betrag näher
>gekommen sind. Sich selbst darf man die 1077 Euro pro Wähler nicht geben,
>das ist natürlich der Sinn der Wahl und wird auch streng mit einer
>Wahlzettelschablone kontrolliert; alles andere ist so gut es eben geht
>geheim. Die Community hat einvernehmlich die Beträge runtergesetzt und die
>liegen jetzt zwischen 5000 und 15000 Euro.
>
>Nichtsdestoweniger entspann sich im Vorfeld in der Mailingliste eine
>heftige Polemik, daß Menschen es so eingerichtet haben, daß sie
>"Bandbusse" bildeten und über die Förderung einer bestimmten Person
>wiederum an einen Anteil der dieser Person zugesprochenen Kohle kommen
>wollten, eine Polemik die nur dadurch gemildert wurde daß die Beträge grad
>mal ein Wochengehalt ausmachen oder noch wesentlich drunter liegen.
>
>So ging das eben über die Bühne, ich habe mich auch zur Wahl gestellt und
>auch die Anerkennung als Medienkünsltler erhalten, bin aber dann mit unter
>1000 Euro eben auch vom System aufgefressen worden und nicht unter den 11
>oder so glücklichen die Geld erhalten.
>
>Ich hab mich bemüßigt gefühlt, in dieser Zeit überschäumender
>Listenaktivität auch einen theoretischen Beitrag zu leisten, der leider in
>der Wiener Aufgeregtheit weder positiv noch negativ zur Kenntnis genommen
>wurde. Ich zitiere diesen Beitrag mal:
>
>** <snip>
>
>Vom Ernst und vom Witz eines Spiels
>
>unzeitgemäße und unausgegorene Gedanken von Franz Nahrada
>
>Daß das Spiel meine Solidarität hat hab ich gerade bekundet. Es ist der
>Form nach ein gewaltiger Fortschritt gegenüber allen anderen Formen der
>staatlichen Reglementierung von Kunst und schon als Experiment und
>praktische Übung von ungeheurem Wert. Dennoch und auf die Gefahr hin die
>Mailflut hier noch zu vergrößern, die auch bei mir jenseits des
>erträglichen und technisch machbaren ging, möchte ich ein paar Gedanken
>prinzipieller Natur loswerden. Es geht mir nicht um die Prozedur der Wahl
>selbst  und um die Bandbus-Mechanismen oder um die Verteilung von
>Sympathien zwischen Medienkünstler- und Hackertum, es geht mir vielmehr um
>die Kriterien die ich als sinnvoll empfinde (und hoffentlich auch andere)
>und eine Grundlage für das nachhaltige Resultat des ganzen Prozesses. Und
>hier empfinde ich doch eine gewisse Leerstelle in der Diskussion, die ich
>mal thesenhaft füllen möchte. Ich kann mich ja total irren, aber für mich
>sind die Dinge logisch konsistent und die praktischen Konsequenzen
>eindeutig. Wir dürfen uns nichts darüber vormachen vor welchem Hintergrund
>wir agieren und sollten uns der Konsequenzen bewußt sein.
>
>1. Der Community Grant ist nicht nur das Resultat individuellen
>Verhandlungsgeschicks (obwohl es das auch gebraucht hat, das soll die
>Leistung der Netznetz Leute den Politikern diese Form der Entscheidung
>überhaupt abgerungen zu haben nicht schmälern) sondern auch Ausdruck eines
>spürbar nachlassenden staatlichen Interesses an Kunstförderung.
>
>Die gewagteste These zuerst. Aber eigentlich nicht so gewagt, wenn man
>sich die generelle Budgetentwicklung anschaut und auch mit Menschen aus
>dem Kunstbetrieb spricht, die allenthalben Kürzungen vermelden wo nicht
>ein kurzfristiger ökonomischer Nutzen versprochen wird. Es hat schon etwas
>von einer Abwicklung eines ganzen Standes an sich, wenn das was bisher
>Angelegenheit einer Standespolitik war, in ein Lotteriespiel mit
>festgelegter Gewinnsumme und wechselseitiger (und es muß auch so
>ausgesprochen werden) Kannibalisierung verwandelt wird.
>
>Warum diese Abwicklung, sprich die ökonomische Austrocknung eines bis dato
>zwar nicht üppig, aber doch geförderten Kunstwesens?
>
>Das staatliche Interesse an Kunst ist ein sehr abgeleitetes, es läßt sich
>vielleicht in dem Satz zusammenfassen, daß der ganze gesellschaftliche
>Apparat einer freiwilligen Unterwerfung unter ein System von eindeutigen
>Rechten und Pflichten dadurch seine besondere Würze erhält, daß einer
>ganze Gruppe von Menschen explizit die freie Gestaltung dessen was sie für
>persönlich wichtig erachten erlaubt und ermöglicht wird - freilich nicht
>als praktische Tat, aber als permanente Produktion von Denkmälern der
>Freiheit in allen möglichen Materialien.
>
>Es gilt also tatsächlich das Prinzip der Freiheit iun unserer Gesellschaft
>und alle begreifen sich als freie Menschen. Da aber für die meisten
>Menschen Freiheit nichts anderes heißt als sich mit ihren ökonomischen
>Mitteln durchzuschlagen, wobei einem der Staat mehr oder weniger nichts
>dreinredet aber auch nur sehr bedingt unterstützt, sind sehr viele
>Menschen eben eher passive Genießer des Prinzips der Freiheit. Dieses
>Bedürfnis bedient oder besser bediente der Künstlerstand.
>
>Es ist also sehr naiv zu glauben, daß die Eigenschaft ein "Künstler" zu
>sein einem Menschen qua Natur zukomme. Es ist eine bewußt hergestellte
>gesellschaftliche Differenz, deren Nutznießer in den seltensten Fällen die
>dadurch zu Künstlern erklärten Personen sind. Die machen freilich mit und
>nehmen die ihnen gesellschaftlich attribuierte Bestimmung als ureigenstes
>Anliegen, und so ist es ja auch gedacht. Die ihnen eingeräumten Freiheiten
>nehmen sie als positives Handlungsfeld, obwohl ihre Produktivität auf
>einen lächerlich geringen Handlungsspielraum festgelegt ist. Dafür dürfen
>sie sich mit einem Publikum die grundlose Wertschätzung von Denkmälern
>eines mehr oder weniger subjektiv bestimmten Umgengs mit ihrem Material
>teilen.
>
>Eine Diskussion über die praktischen Nutzanwendungen dieser Denkmäler
>grenzt an Banausentum - es geht eindeutig um Höheres. Diese immer schon
>von den nicht dem Kunstbetrieb angehörigen Mitgliedern der Gesellschaft
>als Luxusveranstaltung beargwöhnte Sphäre wird relativ zu anderen
>budgetären Spielräumen der Staatsgewalt zwar prinzipiell als höchst
>notwendig erachtet, aber im Einzelfall sehr wohl den Konjunkturen des
>Verhältnisses von Ökonomie und Polittik untergeordnet. Und das ist seit
>geraumer Zeit bekanntlich sehr problematisch aka globalisiert, weswegen
>der Staat - und sogar ein Kunst und Kulturstaat par excellence wie
>Österreich - sich lieber für seine Fortexistenz als Wirtschaftsstandort
>(ja, Kulturtourismus und creative industries inklusive!) verschuldet als
>für Sozialleistungen und Kultur sans phrase. Frithjof Bergmann hat dafür
>den treffenden Ausdruck vom "Verbrennen der Geigen" geprägt.
>
>2. Die Künstler leiden durchaus an der Differenz zwischen ihrer Freiheit
>und den gesellschaftlichen Notwendigkeiten. Aber leider ziehen sie daraus
>immer nur den einen Schluß, daß Kunst prinzipiell wichtig ist.
>
>Was einer so als Kunst treibt, ob er dabei die Gesetzmäßigkeiten seines
>Materials kennt oder sich einfach in seiner freien Individualität
>herumtreibt, stets fällt auf daß er oder sie noch zumindest einen
>selbstgesetzten Zweck verfolgt. Damit ist eine prinzipielle Differenz zu
>anderen Mitgliedern der Gesellschaft unvermeidlich, sei es zu denen die
>sich mit der Mehrung ihres Eigentums beschäftigen oder den anderen die
>eben einfach arbeiten gehen müssen. Leider wird als Grund dieser Differenz
>allzuoft behauptet, die Leute seien eben zuwenig kreativ. Damit wird die
>Ideologie von der Trennung in Künsller und Nichtkünstler zementiert, die
>ihre Grundlage aber einzig und alleine in einer Fähigkeit und
>Zielsicherheit hat, sich der staatlichen oder marktlichen Ressourcen für
>Kunst zu versichern. Manche Künstler wollen zurecht diese Ideologie
>durchbrechen, aber ohne sich als Künstler infrage zu stellen.
>
>Die Scheinmilitanz der netbase - um auch einmal ad personam konkret zu
>werden - bestand also auch ganz folgerichtig darin, ganz prinzipiell von
>einem Dienstverhältnis des Staates an der Freiheit zu einer wie immer
>gearteten Subversion auszugehen. Jedem Inhalt, den sie aufgegriffen hat,
>nahm sie die Spitze indem sie ihn in einer ganz besonderen Form, der
>künstlerischen nämlich, präsentierte, wobei es ziemlich egal war ob ihre
>Flugblätter und Zeitungen lesbar und ihre Anliegen nachvollziehbar waren.
>Letztlich hat sich das ganze dann wirklich auf Fragen des persönlichen
>geschmacks reduziert und so auch noch ganz gut hineingepaßt in den
>Kunstbetrieb.
>
>3. Die Umwälzungen in der Produktion und die
>Mikroelektronik/Kommunikatationstechnologie entziehen den bisherigen
>gesellschaftlichen Formen die Grundlagen und schaffen ein neues Feld
>menschlicher Produktivität mit verblüffenden Eigenschaften.
>
>Zur Ehrenrettung der Netbase muß aber auch gesagt werden daß es sich bei
>der Medienkunst tatsächlich um eine Sphäre handelt, die sich der üblichen
>Festlegung von gesellschaftlicher Kreativität auf das einzelne
>Künstler-Individuum entzieht und daß sich diese Ahnung auch schon immer
>durchzog.
>
>Auf der einen Seite bricht durch die beständige Senkung der
>gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit in der Produktion das ganze
>bisherige auf der Konkurrenz um den  Wert von Waren aufgebaute
>Wirtschaftssystem zusammen. Wir erleben in rasanter Geschwindigkeit wie
>unser traditioneller System von Wirtschaft und Politik durchdreht und
>wider besseres Wissen diese Wahrheit nicht wahr haben will. Wie die
>Lemminge kommandieren sie uns in sinnlose Produktions- und
>Absatzzschlachten, deren Resultate immer weniger den Ansprüchen auf
>Wachstum von Kapital und Einkommen genügen, simulieren dieses Wachstum
>daher lieber fiktiv durch finanzielle Spekulationen und immer neue
>Verschuldungstricks, und bedienen die Zinsen indem sie jegliche Substanz
>unseres Lebens vor der endgültigen Abrechnung zu verhökern suchen. Mit dem
>tatsächlich enorm gestiegegen Potential menschlicher Kreativität und
>Selbstorganisation können sie wenig anfangen, denn es produziert nur
>Reichtum aber verdient kein Geld. Weil es aber nur auf dieses ankommt,
>werden auch die elementaren sozialen Absicherungsmechanismen demontiert,
>geplündert, in Geschäftsfelder verwandelt.
>
>Auf der anderen Seite hat eben diese Verallgemeinerung menschlicher
>Produktivität, die eine Konkurrenzökonomie letal und ins Herz trifft, die
>materiellen Voraussetzungen einer neuen Wirtschaftsform geschaffen, in der
>die Arbeit das Kapital tatsächlich nicht mehr bräuchte. Während die
>populäre Weisheit ist "uns geht die Arbeit aus" ist die Wahrheit, daß die
>menschliche Produktivität in nie dagewesenem Umfang umgestaltet und
>dezentralisierbar geworden ist. Die Produktionsmittel sind miniaturisiert
>und stellen mir zunehmend die gesamte Intelligenz der Welt auf den
>Schreibtisch oder in die Werkstatt. Unter diesen Bedingungen macht es
>immer mehr Sinn, sich am Entwicklungsprozeß dieser Intelligenz zu
>beteiligen als gegen sie zu konkurrieren. Unter diesen Bedingungen ist die
>kreative Besonderheit der Einzelnen, ihr originaler Beitrag zur
>gesellschaftlichen Intelligenz, tatsächlich zur wichtigsten Produktivkraft
>geworden.
>
>Wenn die Abwicklung der Künstler-Existenz bewußt als Chance wahrgenommen
>wird, eine neue Existenz gemeinschaftlich aufzubauen, in der es immer
>weniger aufs Geld ankommt, dann hätte sie ihren bedrohlichen Charakter
>verloren. Dann wäre sie tatsächlich zum Spiel geworden, das wir gerne
>spielen. Vielleicht sind wir ja doch schon mittendrinnen.
>
>Wien, am 25.4.2006
>
>** </snip>
>
>Diese Gedanken sind mit gewissen Einschränkungen auf die gesamte
>Grundeinkommensthematik erweiterbar. Da der Zusammenhang von Sozialstaat
>und produktiver Lohnarbeiterklasse immer mehr verloren geht, sind die
>Abwicklungsformen des Sozialstaates so bunt wie das Leben selbst. Nur in
>solchen Umständen kann überhaupt die Grundeinkommensillusion aufkommen.
>
>Wenn es uns gelänge, unter solchen Umständen mit einem klaren Bewußtsein
>zu agieren, dann käme vielleicht so etwas raus wie die Idee von Frithjof
>Bergmann, nämlich ganz gezielt Stipendien für diejenigen zu fordern, denen
>nach Ansicht und Einsicht der Community diese Unterstützung auch gebührt,
>nämlich indem sie aus ihrer persönlichen Tätigkeit heraus Reichtum für
>alle generieren.
>
>Dann wären tatsächlich die auch materiell abgesichert, die an den
>Bedingungen einer materiellen Absicherung für alle arbeiten. Und diese
>Absicherung wäre nicht aus "entfremdeten" Marktmechanismen heraus
>geschehen, sondern über eine völlig andere und diesmal wirklich der freien
>Entscheidung der Menschen entspringende Logik.
>
>Damit wäre gewährleistet daß auch Communities wirklich lebensfähig sind
>und nicht so eine Witzexistenz aufführen wie OsCar oder OpenSourceEcology
>und 1000 andere, die nur von guter Absicht, aber von wenig praktischer
>Realität künden.
>
>Dann wäre im übrigen auch erreicht, daß sich Businesses an Communities
>orientieren können und sie als wahrnehmbare Realitäten kalkulieren können
>- etwas was sie mit Recht immer weniger tun und was sogar im Bereich der
>Freien Software zu Positionsverlusten führt.
>
>Nur wenn wir diese Losung "Stipendien für Selbstentfaltung im Sinn
>allgemein nützlicher und unbeschränkt lohnender Vor-Arbeit" dem
>Grundeinkommensgesäusel entgegenstellen, kann etwas Sinnvolles entstehen!
>
>Franz
>

Und nun der Kommentar aus der peruanischen Sicht

Lieber Franz!

Habe Diesen Beitrag mal überflogen, weil ich hier in Lima aus bestimmten (pekunären) Gründen bis Anfang Mai fest sitze (der Bürokratie geschuldet). Wirklich detailliert habe ich zwar Deinen Beitrag nicht durchgelesen, aber beim Überfliegen sind mir folgende Parallelen zwischen den Stipendien á la Fritjof Bergmann für die Arbeit, die die Leute wirklich, wirklich wollen und der Situation hier in Peru aufgefallen.

1. Es gibt wie Karl Marx festellte, notwendige Arbeit und Mehrarbeit. Leider ist die Marx´sche Theorie eindimensional. Ich würde das so formulieren: Es gibt notwendige Arbeit ausserhalb des "comprehension scapes" der kapitalistischen Logik, d.h. geistig neoliberal sozialisierte Leute werden niemals einsehen, warum diese Arbeit notwendig ist und es gibt notwendige Arbeit innerhalb der kapitalistischen Verwertungslogik. Marx sprach m.E. nur von letzterer. Jetzt steig ich auf die Landwirtschaft runter, denn beim Überfliegen sind mir die Ergebnisse meiner - bzw. unserer (Fr. Prof. Muñoz und ich) Studien eiinfgefallen.

2. Notwendige Arbeit bedeutet hier in Peru die Kultivierung der andinen Kulturpflanzen, denn die sind in der vorspanischen Phase extra gezüchtet worden, um Fruchtfolgewirtschaft zu ermöglichen. Kartoffeln, das sind die einzigen Feldfrüchte, die für die hochandinen Bauern Geld bringen, dürfen aus phytosanitären Gründen nur jedes siebente Jahr gepflanzt werden, die rotación del cultivo ist:

1. Kartoffel,

2. dann sollten Leguminosen oder Cañihua folgen,

3. oca,

4. ullucu,

5. cebada (Gerste)

6. Brache (descanso, wörtlich "ausuhen")

7. Kartoffel.

Gemäss der kapitalistischen Verwertungslogik kriegen die Bauern aber solcherart nur jedes siebente Jahr Bargeld. Hier haben wir den Konflikt zwischen der kapitalistischen Verwertungslogik (Kartoffeln lassen sich verkaufen) und der Logik der Reproduktion des Produktionsfaktors Boden, der sich regenerieren muss.

3. Modernisierung bedeutete hierzulande folglich, der Regeneration des Bodens mit chemischen Düngermitteln auf die Sprünge zu helfen. Das Ergebnis ist klar: Wird die Fruchtfolge nicht eingehalten, dann werden die Kartoffeln krank und die Leute haben nichts zu essen (Irish potatoe famine - Kartoffelhungersnot in Irland, XIX. Jahrhundert). Wird jedoch die Fruchtfolge eingehalten, sehen - im Extremfall - die Leute nur jedes siebente Jahr Bargeld, obwohl das nicht so extrem gesehen werden sollte, denn Oca und Ollucu werden auf regionalen Märkten verkauft, aber über die unterentwickelten, halb entwickelten und voll entwickelten Zonen kann Fr. Prof. Muñoz mehr erzählen. Mir ist nur aufgefallen, dass die Leute, die Ollucu verkaufen, immer Probleme haben, auf grössere Scheine herauszugeben, was deren Integration in den Geldkreislauf anzeigt. Chemische Düngermittel auf der anderen Seite bedeuten aber die totale Abhängigkeit der Bauern vom Geldkreislauf (circulus vitiosus).

4. Die andine Landwirtschaft ist aber vavilov-stranded, d.h. diese Wirtschaftsformen reproduzieren die Genreserven der globalen Volksnahrungsmittel, gerechnet in Kilokalorien. Es geht hier um den Erhalt der Biodiversität der Nahrungsmittelpflanzen. In marxistischen Termini kann man sich das so vorstellen: Die neolithischen Revolutionäre haben aus Wildpflanzen eine ganze Bandbreite von Kulturpflanzen entwickelt. Einige wenige davon sind "geadelt" d.h sie fanden Gnade in den Augen der globalen Märkte, aber wenn sie sich ständig asexuell (durch Ableger usw.) vermehren, dann werden sie erbkrank wie der russische Thronfolger kurz vor der Oktoberrevolution. Also müssen proletarische Sorten, die nicht die heiligen Hallen des Weltmarktes betreten haben, eingekreuzt werden - und diese proletarischen Sorten kommen aus den Vavilovzentren.

5. Ergo ist - aus biologischen Gründen, nicht aus marxistischen Gründen, der Erhalt der Vavilovzentren Gebot der Stunde und stellt solcherart eine notwendige Arbeit da, die jenseits der kapitalistischen Verwertungslogik ist. D.h. im Idealfall sollten die andinen Bauern dafür bezahlt werden, dass sie das Vavilovzentrum in Schuss halten. Im Idealfall natïrlich.

6. Wer sich die enge Beschränkung des neoliberalen "comprehension scapes" (analog zu Arjun Appadurai's Begriff "Ethnoscape") verdeutlichen will, soll sich mal die Frage stellen, warum in der Ethik des Neoliberalismus die einzige Moral, die zählt, die Zahlungsmoral ist und trotzdem der Beruf einer Prostituierten irgendwie als anrüchig gilt - obwohl sie sozusagen den Archetypus des Neoliberalismus darstellt.

7. Sollte dies wie südamerikanische Befreiungsrhetorik klingen - nun, dieser Text ist in Lima, Peru geschrieben worden.

Lg

Uwe


Uwe, ist es nicht viel einfacher? Die Menschheit, die Politik und die meisten großen Organisationsformen (auch die Marktwirtschaft) leiden an Bewusstseinsstörungen, Nervenkrankheiten, umgekehrtem Alzheimer: sie können die Schmerzsignale ihrer Körperelemente nicht wahrnehmen und daher nicht darauf reagieren, sie haben im modernen Karrrieresystem keine Selbstreflektionsfähigkeit mehr weil niemand Kompetenz und Schlechterealitätsvermittlungsmut besitzt, sie haben eine Reduktion ihrer Zukunfts-Sehfähigkeit sowohl in der Tiefe als auch in der Breite erlitten. Eine Politik hat einen Horizont von wenigen Jahren, die US-Wirtschaft von 1-2 Quartalsbilanzen - alles außerhalb ist nicht handlungsbegründend. Eine BAWAG torkelt - als sichtbares weißes Schaf, als Paradefall - ohne Körperwahrnehmung durch die eigene Organisation, den Aufsichtsrat, den Eigentümer, die korrespondierende Partei ... wie unter spastischer Lähmung durch ihre Existenz. Politik misst sich nicht mehr an einem realistischen Ergebnis, sondern am relativistisch-konstruktivistischen Marketingimpact vordefinierter Erfolge.

Zukunftsverlust ist Lebensverlust. Ich denke, wir erleben derzeit einen geistig-intellektuellen Total-Zusammenbruch als Super-GAU. Geleitet von x-fach überbezahlten Managern und Politikern, denen dadurch der Realitätsbezug und die Fähigkeit zur Selbstkritik amputiert wurde. Tschernobyl ist ein Lappalie dagegen. Die Gleichgültigkeiten gegen Vavilov-Zentren und Biodiversität sind nur zwei Beispiele für tausendfache Symptome.

Was wir institutionalisiert brauchen würden wäre eine Art FutureCouncil?, einen offen tagendenden Rat, der Fragen der Zukunft - wie können wir und unsere Nachkommen in 10, 25, 50, 100 Jahre leben und wie können wir ernste Risiken gegenwärtigen Verhaltens eingrenzen - zu Themen machen und der Öffentlichkeit so vermitteln, dass Handlungsbegründungen entstehen. Wir haben niemanden gehabt, der vor 20 Jahren in der Pensionsproblematik eine sanfte Reform eingeleitet hätte. Wir haben jetzt niemanden, der die Biodiversität beschützt.

-- HelmutLeitner

Lieber Helmut! Danke für deinen Beitrag, aber hier kommt die Antwort von Radio Eriwan: Im Prinzip ja - aber: wer setzt das politisch um?

Blödheit als Form der Politik

Beispiel 1: FranzNahrada hat vor kurzem ins Dorfwiki die Meldung gestellt, dass der sogenannte Alternativgipfel zum EU-Lateinamerikagipfel in Form von sogenannten "Tribunalen" stattfndet. Ich weiss, was diese Tribunale sind, selbsternannte Volksgerichtshöfe die den Multis den Prozess machen - das hat den Hautegout stalinistischer Schauprozesse, das soll es nicht sein, kommt aber so rüber (politische Semiotik) und erscheint daher als Versammlung altlinker Dinosaurier. Das wiederum ist den völlig verkrusteten politischen Strukturen der Linken zu verdanken, die Multis werden sich sehr leicht tun, sich dagegen zu wehren. Leute: Wechselt eure Uniformen, die Rote Armee gibt's nicht mehr.

Beispiel 2:

Peru hat den TLC (Freihandelsvertrag mit der USA) unterzeichnet, woraufhin Hugo Chávez, die antiimperialistische Lichtgestalt aus Venezuela nun versucht, zur Strafe zusammen mit dem bolivianischen Präsidenten Evo Morales Peru aus der Andengemeinschaft hinauszuwerfen und im Falle dass nicht sein Freund Ollanta Humala die Stichwahl gewinnt, droht er damit, alle diplomatischen Beziehungen zu Peru abzubrechen - und beschimpft hier die Gegenkandidaten Ollantas in einer Weise, dass in Peru nur mehr Gorillas mit dem Barett Ch{avez abgebildet werden und Chávez nur mehr als "Der Gorilla" bezeichnet wird. Die linke APRA reaktiviert den Architekten des neoliberalen Experimentes von Fujimori, Hernando de Soto, der Deng Xiaoping Perus, weil sie sich darüber aufregt, dass Chávez auf Erdöl schwimmt und daher leicht gross reden kann. Peru kann daher den sogenannten Befreiungsprozess nicht mitmachen, wenn es nicht zum Klientelstaat von Venezuela werden will, das will dort niemand. Ollanta selbst weicht der Frage nach den Chavez'schen Dreckschleudern aus. Kurz: Die Situation erinnert frappant an die EU-Sanktionen gegen Österreich und wir wissen, was das bringt: Genau nichts.

Biodiversität als Gegenbeispiel

Die Frage nach der Nahrungsmittelsicherheit und dem Open Source Food ist eine Frage, die Politikern und anderen wichtigen Persönlichkeiten unmittelbar einsichtig ist. Ein Projekt über die Inka als Pioniere der Globalen Dörfer scheitert in Österreich. Kombiniert man das allerdings mit einer Frage der nationalen Sicherheit - und Nahrungsmittelsicherheit steht da sehr weit oben - dann geht das auf einmal und das ist dann sozusagen ein Vehikel, wo man Diskussionen lostreten kann, die ernst genommen werden - soferne sie mit dem Projektthema in Verbindung stehen.

Politische Plansolls

Das bedeutet im Klartext, heutzutage kann man nur dann komplexere Sachverhalte erfolgreich kommunizieren, wenn sie irgendwie in die aktuellen Agenden, sprich, politischen Plansolls hinein passen. Es gibt angeblich bereits Future Councils, aber die Gefahr besteht darin, dass das zu einflusslosen Debattierclubs verkommt. Mit anderen Worten: Solche Debattierklubs müssen irgendwie mit den derzeitigen politischen Agenden verknüpft werden.

Was hat das mit dem Grundeinkommen zu tun?

Ganz einfach: Die Forderung nach Grundeinkommen unter dem Schlagwort 'Grundsicherung' ist populär und Jeremy Rifkins Klaegen úber die intellektuelle Verwahrlosung der akademischen Jugend in den USA in seinem europäischen Traum gelten ex-aequo für die Studenten in Österreich. In Peru werden Studenten, die plagiieren, einige Semester von der Uni relegiert, in schweren Fällen für ewig (gut, in ganz schweren Fällen landen Studiernde, die bei entscheidenden Prüfungen schummeln, in Polizeigewahrsam). Das Problem ist aber, nicht dass die Studenten schummeln, das hats immer gegeben, sondern dass sie glauben, ein Recht auf Betrug zu haben, frei nach dem Motto in der DDR: Wenn die da oben so tun, als ob sie uns bezahlen, tun wir so, als würden wir arbeiten. Das Grundeinkommen in der bisher geforderten Form ist nichts anderes als der politische Ausdruck für die Owezahrerei, wohingegen das Stipendiensystem der geistigen Verwahrlosung vorbeugt, da damit Arbeit bezahlt wird, die nicht unmittelbar der kapitalistischen Verwertungslogik entspricht. Das Problem muss aber exemplifiziert und naturwissenschaftlich vorgerechnet werden und da finde ich dass die vavilov-stranded technology ideal dafür ist, denn Vavilovzentren an sich sind ein Widerspruch zur kapitalistischen Verwertungslogik, da sie in keiner Weise dem betriebswirtschaftlichen Rentabilitätskalkül entsprechen (können).

Lg

UweChristianPlachetka


FranzNahrada: was wirklich nottäte wäre eine Kampagne die zeigt welches Ausmaß an Kreativität durch Grundeinkommen freigesetzt werden kann. Das Widerliche an der Grundsicherung ist, dass sie - bis hin zum Falter - ja nur als arbeitsmarktpolitische Maßnahme besprochen wird!

Dazu müssten aber faktische, einleuchtende Fälle von Menschen und Tätigkeiten die wir Uwe schreibt eben nicht innerhalb der kapitalistischen Verwertungslogik organisiserbar sind, aufgezeigt werden.

Wo gibt es das? FranzNahrada 3. April 2010 14:42 CET


weitere links zu diesem unendlichen Thema

http://www.chrismon.de/3365.php Der Unternehmer will ein Grundeinkommen für alle, die Soziologin sagt: Das ist ungerecht


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