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Kommentar zum Thema Zweidimensionale Gesellschaft

UweChristianPlachetka

Zitat:

'''Die Totalkommerzialisierung mache nicht nur Kinder zu Konsumenten, sondern Konsumenten zu Kindern. Überraschungseier würden an der Supermarktkasse so präsentiert, dass die Kinder garantiert „Ich will“ rufen – aber auch Erwachsene würden darauf gedrillt, immer „Ich will“ zu rufen. Der Konsumkapitalismus hat demnach sein spezifisches Ethos - ein infantilistisches. Man will Dinge haben, schnell haben, unkompliziert haben, und die Güter werden wie Spielzeug beworben, was ihrer Funktion oftmals auch entspricht. Barbers Schlüsselthese: Vor hundert Jahren war der Kapitalismus durch das, was Max Weber sein „protestantisches Ethos“ nannte, noch mit gewissen Tugenden verbündet, heute sei er jedoch verbündet mit Lastern. Die Folgen: Narzissmus, Verantwortungslosigkeit, Verschwinden des Bürgersinns, Kulturverlust. Barbers Streitschrift lappt mehr als nur ein wenig in Richtung Klagelied, und der Sinn für Ambivalenz ist nicht die größte Stärke dieses Autors...Barber ist ein amerikanischer Linksliberaler mit einer starken Prise konservativem Kulturpessimismus. Nur: Falsch sind die Dinge deswegen noch lange nicht, die er schreibt. Im Gegenteil: Schon sein Buch „Jihad vs. Mc.World“ (1995) brachte eine Weltkonstellation auf einen griffigen Nenner, noch bevor irgendjemand von El Kaida gehört hatte.'''

Hier haben wir zwei praktische Probleme, die sich wieder mal an der Frage illustrieren lassen, wer macht's - oder wer bringt die kritische Masse auf, dass es gemacht wird (=politischer Druck).

  1. Wer profitiert vom Idiotismus des Stadtkonsumlebens?
  2. Welche Dialektik steckt dahinter?

Den "konservativen Kulturpessimismus" würde ich so nicht stehen lassen, denn das ist eurozentrisch, weil zwei Grundlagentexte der südamerikanischen Linken extrem von Oswald Spengler's Untergang des Abendlandes beeinflusst waren:
  • José Carlos Mariátegui (Peru)
  • Darcy Ribeiro (Brasilien)
Beide haben den Begriff des Fortschrittes von Europa zurückerobert, frei nach dem Motto: Wenn das Abendland ohnehin untergeht, braucht's uns keine Vorschriften zu machen.

Aufgrund von Erfahrungen (meine Biographie seit 2000) stoesst mir folgendes stehts auf:

    • / Die traditionell linken Globalisierungsgegner, die - und das ist meine Lieblingshypothese - die sogenannte Entwicklungszusammenarbeit als Art Suche nach dem revolutionären Subjekt verstehen frei nach folgendem fiktiven Zeitungsinserat:
    Hervorragend ausgebildete fortschrittliche Avantguarde sucht zum ehebaldingsten Eintritt revolutionäres Subjekt / revolutionäre Massen. Vorzustellen im Revolutionsbräuhof täglich ausser Samstagen, Sonn- und Feiertagen ab 16°° (gesellschaftlicher Durchschnittsvorlesungsschluss auf Universitäten)

Scherz beiseite, bzw. zum Hintergrund dieses Scherzes:

Die Eigentümer des nötigen "sozialen Kapitals", identisch mit den Meinungsführen in der Antiglobalisierungsszene. Dieses Eigentum erlaubt es ihnen, sich medien- und politikwirksam als Globalisierungskritiker zu artikulieren, beispielsweise ATTAC usw. setzen teilweise immer noch auf die Politik als Kraft einer Anti-Wirtschaft oder als Ruder, die Globalisierung unter Kontrolle zu kriegen. Ich würde das Zitat Maos "die Macht kommt aus den Gewehrläufen" so nicht unterschreiben, sondern eher schreiben: Die Macht kommt aus neuen Produktivkräften. Das ist allerdings nie so kommuniziert worden, weil die Eigentümer des Sozialen Kapitals, welches ihnen erlaubt, politische Stakeholder einzufangen, tendentiell technologiefeindlich sind. Dieses lässt sich aus den objektiven Reproduktionsbedingungen des Hegemonialdiskurses, den sie führen, erklären:

  1. Die Politik ist gefordert - welche? Na, die sie selber machen bzw. entwerfen.
  2. Neue Technologien sind unerheblich und für das angeworbene revolutionäre Subjekt (Basisbewegungen in der 3. Welt gegen z.B. frühkapitalistische Maquilas) angeblich schädlich.
Die Frage, wie der objektive Stand der Produktivkräfte, die sich hier in Subjekte des Fortschrittes (unter Revolution sind hier immer Prozesse, wie die industrielle Revolution zu verstehen, nicht nur deren Artikulateure oder deren "Prokuristen" (Hegel)) verwandeln sollen, ohne grundsätzlichen technologischen Fortschritt zu erfolgreicher Emanzipation aus negativen sozialen Bedingungen führen soll, wird in dieser Konstellation ausgeblendet, indem die ganze Frage des Handlungskontextes von Akteuren bei akteurenbezogener bzw. pseudoakteurenbezogener Debatte systematisch ausgeblendet wird. Das heisst in diesem Fall: Wer hat ein Interesse an einer Infantilisierung der Gesellschaft und warum ist die Zivilgesellschaft nicht in der Lage, diesem Infantilisierungsdruck als Ideologie des "Empires" (ja, FranzNahrada, Hardt und Negri haben ihre Meriten) zu begegnen?

Die hauptberuflichen Globalisierungsgegner gehen auf diese Fragen tendenziell nicht ein und das führt dann zu Phänomenen einer "bolivarianischen Revolution" á la Hugo Chávez, die zu einem "bolivarianischen Prozess" der Befreiung Iberoamerikas aus der Hegemonie Angloamerikas empfielt, letztlich allerdings dann in Verteilungspolitik von Erdölerlösen ersäuft. [1]

Die Inmobilität traditioneller Globalisierungsgegner auf das Potential neuer Technologien erinnert mich an die Debatten um 2000, in welchen trotz der Revolte in Chiapas (Subcomandante Marcos und seine Cyberguerilleros) die NIKT tendenziell als Werkzeuge der globalen Vernetzung von Widerstandsnestern gegen die Globalisierung verstanden wurden. Dies bedeutet, die NIKTs wurden in der Praxis verwendet, um die Nachrichtensperre der mexikanischen Regierung zu unterlaufen und eine Gegenöffentlichkeit herzustellen, damit die Mayas nicht unbemerkt niederkartätscht werden können (diese Funktion der NIKT und der internationalen Öffentlickeit ist ja wieder aktuell, woanders), hat aber den schalen Beigeschmack einer nibelungentreuenhaften Verteidigung lokaler Pseudoidyllen gegen die Globalisierung in Form von Rückzugsgefechten. Das dies eine Art Defensivstrategie ist, motivierte das Buch "Empire" von Hardt und Negri.

Die Frage nach dem objektiven Stand der Produktivkräfte (das sind Menschen und deren Arbeitskraft und Arbeitsmittel, also Mayas mit Internetkompetenzen und -zugang werden tendentiell nicht niederkartätscht) bleibt bei der ganzen Diskussion ausser Ansatz und soll auch nicht diskutiert werden,wahrscheinlich wegen der semi-mythologischen Rezeption von 1968, dieser Studentenrevolution. Diese Rezeption besagt, dass die Kritische Theorie (Horkheimer und Adorno) den kritischen Intellekt als Motor des Fortschrittes ansahen. Das war zwar vielleicht lustig, um verkrustete Strukturen aufzubrechen, im ideologischen Bereich, aber in Frankreich ist der Schulterschluss mit der Arbeitern gelungen, in Deutschland nicht, wobei Deutschland hier anscheinend den letzten Akt des Psychodramas namens "deutscher Sonderweg" abwickelte, wohingegen in Österreich das explizit sich als Kulturrevolution darstellte (1000 Jahre Kaiserschmarren sind genug!).

Fazit: Obwohl ich glaube, dass die 1968er Revolution sehr wohl eine Revolution war, nämlich aufgrund der bisher als Überbauphänomene gesehenen Wissensarbeiter als eigene Produktivkraft und folglich als Subjekt, war deren "objektiver Stand der Produktivkraft" 1968 noch allzusehr in it's infancy, um dieser Revolution gegen den Backlash eine Art Nachhaltigkeit und Resilienz zu geben.

Das bedeutet, die 1968 waren als objektive going-to-be Produktivkräfte subjektiv mit falschen Theorien unterwegs, weil die materielle Basis dafür fehlte. Diese Diskussion würde jetzt eine völlige Neubewertung des Verhältnisses Basis-Überbau erfordern. Das allerdings ist gewissen im langen Marsch durch die Institutionen ergrauten und besoldeten Hegemonarchen der 1968er-Revolution ein Dorn im Auge, weil sie auf "direkte Aktion" usw. setzen, ohne den materiellen Stand der Produktivkräfte zwecks Entfaltung neuer Produktionsverhältnisse und darüber hinaus einer neueren ökonomischen Gesellschaftsformation überhaupt erst angedacht zu haben [2]

Folglich wird ein Linksmystizismus betrieben, der wie in der "Asiatischen Produktionsweise" den Werktätigen den direkten intellektuellen Bezug zu ihren Produktionsmitteln abschneidet (das heisst, der Inka legitimiert die guten Ernten mit dem Staats-Saatgut aufgrund seiner besonderen Gottesgnade und nicht aus der Saatgutzuchtanstalt Moray, er verwandelt damit ökonomisches Kapital (Anlagevermögen, nämlich die Anlage von Moray) in politisches Kapital (die kollektive Vorstellung von der Gottesgnade). Das führt zur liturgischen Verehrung der Zivilgesellschaft im veröffentlichten Diskurs gewisser Diskursgemeinschaften (und gegenüber dem macht der neoliberale Marxismus á la Hernando de Soto, der über die Kritik an der Ursürpnglichen Akkumulation, (Marx, Kapital I, 14. Kapitel)) diese beiden diamentral entgegengesetzten Positionen harmonisieren kann. Das führt mich zum nächsten Punkt:

    • / Die Infantilisierung der Gesellschaft hat einen klar definierbaren ökonomischen Nutzen für das Kapital, das Empire, sogar einzelne Konzerne wie Apple oder Nokia:
Hier berufe ich mich auf einen weniger bekannten Text von Karl Marx, nämlich die Kritik des Gothaer Programms, wo Marx die Vorstellungen der Anhänger Lasalles wegen Verteilungsgerechtigkeit kritisiert und damit deutlich macht, warum in seinen Schriften Arbeit und Arbeitskraft als zwei verschiedene Kategorien aufzufassen sind. Nämlich: Die gesellschaftliche Konvention darüber, welche Arbeit nutzbringend sei. Das ist heute besser verständlich als zu seiner Zeit, da Beerensammeln als Beispiel einer nutzbringenden Arbeit von Marx angeführt wird. Der Casus Knaxus ist die Formulierung von Marx, dem zufolge die Bourgeoise allen Grund habe, die Arbeit als Quelle von Reichtum darzustellen, obwohl die Natur das ebenso ist und Arbeitskraft zur Natur gehöre. Wieso die Bourgeoisie dieses Interesse habe, erklärt er nicht bzw. verweist auf keine andere seiner Schriften, wo er das erklärt hat. Aber: Die Kategorie der Gerechtigkeit in ökonomischen Debatten stamt aus der mittelalterlichen Scholastik und wer mal so eine mittelalterliche europäische Fatwa gelesen hat, z.B. Heinrich von Langenstein: Tractatus de contractibus, meist leider nur in Handschriften erhalten, aber wozu habe ich Geschichte studiert, dem wird klar, dass die Vorstellung von "Gerechtem Preis" und "Gerechtem Lohn" eine Art "Grundnorm" im Arbeitsregime darstellt, die irgendwo - im Tractatus de Contractibus expressis verbis - im Metaphysischen angesiedelt wird, im gegenständlichen Fall in der Schöpfungsgeschichte. Das bedeutet, die Arbeit als gesellschaftliche Vorstellung wird in die Metaphysik verlagert, um dort als Art Grundnorm - analog zur kelsianischen Grundnorm der österreichischen Bundesverfassung - zu dienen, um von diesem Ideal nun herleiten zu können, was "ehrliche Arbeit" (respektive Nützliche Arbeit) und "gerechter Lohn" sei. Folgerichtig ist die Debatte, wie dies die Lassalisten taten nur auf einem affirmativ-moralischem Level zu führen und das gilt für alle anderen, welche derartige Fragen mit Verteilungs- bzw. Lohntütenproblemen verwechseln. Das heisst also, der objektive Arbeitskraftwert und die gesellschaftliche Definition von dem was nützliche Arbeit ist (da ich gerne zur extensio ad absurdum neige, zitiere ich den Heiligen Augustinus, welcher den Unterschied zwischen nützlicher und ehrbarer Arbeit bekanntlich anhand der Sexarbeiterinnen festmachte: gesellschaftlich ebenso unangenehm wie die Kanalisation, aber gesellschaflich genauso notwendig: Hier wird nützliche Arbeit moralisch verteufelt - wo in abnehmenden Verteufelungsgrad die gesellschaftlich wenig hoch angesehene Reproduktionsarbeit trotz ihres Nutzens meistens schlecht bezahlt oder externalisiert wird (farbige oder postkommunistische Putzfrauen).

Diese objektive Kritik am Mißverhältnis zwischen Lohnniveau und gesellschaftlichen Nutzen gilt es zu verhindern. Das gelingt nicht immer, wie die Debatte um Managergehälter deutlich macht. Allerdings - damit sind wir bei der Gesellschaftsverblödung - wie kann bei gesättigten Märkten Konsumverdrossenheit bekämpft werden? Indem man permanentes Mobbing gegen Konsumverweigerer betreibt. Der Begriff Mobbing kommt von Mob und der hat sich noch nie durch intelligente Großleistungen ausgezeichnet.



[1] Dergleichen passiert den weiter unten charakterisierten österreichen linken Widerstandstraditionsvereinsmeiern, die von ihren eigenen politischen Genossen wie folgt charakterisiert werden: Der Zweck eines Bündnisses kann ja wohl nicht die Verringerung des Zuspruchs, der Stimmen, des Einflusses sein. Damit wären wir aber bei einem Kernproblem: Die LINKE war ein Scheinbündnis, das sich 3 reifere, sich feministisch gebende Männer zwischen den 2 Sozialforen in Brasilien und Indien ausgedacht haben. ... Auf österreichischer wie europäischer Ebene führten und führen solche Kopfgeburten zur Befriedigung der eigenen Eitelkeit und zu Spaltungen der KommunistInnen, MarxistInnen, ja der Linken. Ein Bündnis muss eine reale gesellschaftliche Entsprechung haben. Quelle Einer davon hatte Identitäsprobleme

[2] Das richtet sich gegen den "Strassenbahnmarxismus", der glaubt, dass die Stadtionen Feudalismus - Kapitalismus - Sozialismus usw. die vom gesellschaftlichen Prozess einzuhaltenden Stadtionen seien. Das sind sie nämlich nicht und Engels "Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates" kann auch nicht als Netzplan der gesellschaftlichen Strassenbahnlinien gesehen werden