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Franz Nahrada / Texte / Initiations Geschichte |
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Vorbemerkung: Ein für mich klassischer Text .... mich überrascht nach 27 Jahren sowohl die Zeitlosigkeit mancher Passagen als auch die Zeitgebundenheit anderer.... FranzNahrada![]()
ein Artikel für die Zeitschrift SUPERVISOR
Als Marshall Mc Luhan den Terminus vom "Globalen Dorf" prägte, meinte er damit primär das Durchdringen aller lokalen, kulturellen und nationalen Grenzen durch die Omnipräsenz der elektronischen Medien.
Wenn sich die Vorstellungen der Wiener Projektgruppe GIVE
"Geboren" wurde die Projektidee GIVE Es war an einem dieser Tage, an denen das Meer zu kalt war zum Baden, an denen ich von einem Berg auf so ein Dorf herabschaute. Ich begann, mir auszumalen, wie dieses Dorf ausschauen könnte, wenn es zur Heimat von Leuten wie mir würde - Telearbeitern, die ihre Arbeit mit dem Computer tun, und die das angesichts der heutigen technischen Möglichkeiten überall auf der Welt tun können. Ich hatte einige touristisch aufgemotzte griechische Dörfer gesehen, Kykladenarchitektur mit Küppersbuschküchen, und irgendwie waren diese architektonischen Experimente recht faszinierend. Was wäre, wenn es gelänge, statt einiger weniger Luxusherbergen viele Dörfer als Lebensraum neu zu erschließen? Wäre es möglich, eine neue Synthese mit den ansässigen landwirtschaftlichen Produzenten einzugehen, die angesichts des Agrobussiness ihre Existenz verlieren? Wäre es möglich, daß der Traum vom Aussteigen aus dem Großstadtmief woanders endet als im Photoalbum oder in der herben Enttäuschung? Wie müßte so ein Dorf ausssehen, damit es wirklich zur Heimat urbaner Menschen und nicht zu einem großen Zweitwohnsitz wird? Je mehr ich darüber nachdachte, umso mehr faszinierte mich die Idee, so ein Dorf zum Experimentierfeld für soziale und technologische Umwälzungen zu machen.
Den entgültigen Anstoß, aus der Idee ein Projekt zu machen, gaben Begegnungen in und mit der amerikanischen Kultur. Als Entwicklerbetreuer einer Computerfirma [2] machte ich meine jährlichen Pilgerfahrten ins Silicon Valley. Mehr aus Zufall begegnete ich in Stanford einer jener legendären Figuren der computer culture , die es sogar bei uns zu einer gewissen Berühmtheit gebracht haben. Ich saß also gegenüber von Douglas Engelbart, Erfinder der Maus, erstem Realisator von Hypertext und was seiner Meriten mehr sind.
Irgendwie
kam das Gespräch auf mein griechisches Dorf, und Engelbart erzählte
mir von seinem "bootstrap"-Projekt. Ich muß zugeben, daß ich nicht auf
Anhieb alles verstand, was er mir erzählte, aber eines blieb ziemlich
haften: "Technology is dull". Er meinte, daß angesichts der ziemlich
rapiden technologischen Fortschritte die wahren Herausforderungen nun
auf sozialem Gebiet lägen, und er nun nach 40 Jahren Engineering sich
der Frage zuwenden wollte, warum die Gesellschaft so wenig mit der
Technologie anfangen könne, immer mehr hinter den technischen
Innovationszyklen zurückbliebe. "I charge managers 10000 Dollars a day
to tell them that Universities are not flexible enough to deal with
technological change. The key to successful implementation is in small
research communities." Engelbart nannte diese kleinen
Forschungseinheiten "bootstrap - communities": an einem praktischen
Problem orientiert, sollten sie instand gesetzt werden, gleichsam
reflexartig technologische Neuerungen zu implementieren und damit zu
experimentieren. Diese anwendungsbezogene Forschung solle von allen
interessierten Institutionen finanziert werden, auch von ökonomischen
Konkurrenten. Er nannte mir auch einige Beispiele, wie etwa das
Als ich Engelbarts Büro verließ, war das GIVE
Entsprechend dem Engelbart'schen Konzept der "bootstrap community" ist
GIVE
Auch die Art und Weise, wie diese Fragen behandelt werden, ist
keineswegs kostant. In einer frühen Phase des Projekts steht das
Expertengespräch, die Datensammlung, die Recherche im Vordergrund. Das
Projekt ist nicht nur ein inter-, sondern vor allem ein
multidisziplinäres: sämtliche Wissenschaften vom Menschen und seiner
Lebensweise sind gefragt, ihren Beitrag zu einem Modell grundlegenden
Neugestaltung des Verhältnisses des Menschen zu sich selbst, zu seinem
sozialen Umfeld und zur Natur zu leisten. Das GIVE Danach soll eine Phase der öffentlichen Auseinandersetzung folgen: Ausstellungen, Kongresse, virtuelle Realisationen und Workshops sollen die Kombination der in der ersten Phase aufgefundenen Bausteine zu einem vernetzten sozialen Design bewirken; Feldversuche sollen das Wissen über die Brauchbarkeit von Teillösungen vertiefen. All diese Aktivitäten sollen letztlich in eine Sammlung von Modellszenarien münden, die zum Teil erprobt sind, zum Teil idealtypische Annahmen. (vielleicht auch neue Experimente inspirieren). Diese Szenarien sollen für multidimensionale Entscheidungsmodelle und Simulationen operationalisiert werden.
Erst auf der Grundlage einer soliden Basis an Information und
Erfahrung soll in der letzten Projektphase der Aufbau eines oder
mehrerer GIVE
Dadurch wird das GIVE
Das GIVE Der Versuch, die Teilbereiche zu kategorisieren, hat im wesentlichen zu sieben Forschungsschwerpunkten geführt, von denen das Projekt seinen Aussgangspunkt nimmt:
ist wohl der wichtigste und zentrale Ausgangspunkt, bei dem GIVE
Im GIVE
Das führt zwangsläufig zu der Frage nach neuen Organisationsformen der Arbeit.
Der gegenläufige Trend zur Zentralisierung und Verkleinerung
vieler Unternehmen, das spin-off von vielen Angestellten in die
Selbständigkeit, muß nicht unbedingt in Partikularisierung und
Vereinzelung von kaum lebensfähigen "one mouse shops" enden; wenn
lokale Gemeinschaften Diese Berufsgruppen werden sich vielleicht in speziellen Netzwerken auf part-time - Basis zusammenschließen und damit wiederum ganz neue, standortunabhängige Organisationen schaffen. Die Möglichkeit, an jedem Ort der Welt seine Arbeit tun zu können, die Bündelung der Energien, die heute auf verschiedene Lebensbereiche verschwendet werden, zwischen denen wir oberflächlich hin- und herpendeln, auf einen einzigen, wird möglicherweise auch die Qualität dessen, was wir heute als Arbeit "erleiden", verändern.
Der zweite große Forschungsbereich von GIVE Wenn es wirklich möglich geworden ist, Wohnen und Arbeit nicht mehr trennen und mit viel Aufwand zwischen beiden pendeln zu müssen, stellt sich die Frage, wie beides wieder zu einer sinnvollen Einheit gebracht werden kann. Die Modellvorstellung einer "Tele-Öko-Community" versucht, den globalen Aspekt der immateriellen Produktion mit dem lokalen des physischen Lebens zu verbinden, indem beide Seiten ihr volles Recht zugestanden erhalten. Gesundheitsvorsorge, Ernährungswesen, Erholung, Bildung, Leben, Begegnungen,Arbeit - das alles soll sich in Gehweite abspielen und nicht zur physischen Segregation und langen Wegen zwingen. Gleichzeitig steigt die Vielfalt, Qualität und Produktivität der lokal angebotenen Dienstleistungen durch globalen Zugriff auf Information. Eine solche Siedlungsform unterliegt einem gewissen Zwang zur Miniaturisierung, zur optimalen Nutzung vorhandener Räume, um die vielfältigen und komplexen Funktionen auf einem überschaubaren Gebiet unterzubringen. Gleichzeitig steigt die Bedeutung der umliegenden Natur als Naherholungs- und Rückzugsraum sowie als Gegenstand einer dauerhaften Symbiose, eines stabilen Stoffwechsels.
Nirgendwo ist dieses Konzept
eines dauerhaften Stadtorganismus derart eindrucksvoll demonstriert
worden wie in der Stadtbaustelle
![]() Rurale Urbanität: Realität und Vision der Stadtbaustelle Arcosanti. Die Dimension lässt sich recht gut erfassen, wenn man den oberen Bogen in der Bildmitte in der Vergrößerung unten bei einer Feier mit Essen für Gäste vergleicht - und auch die Einbettung in die Wüstenlandschaft....
Neben diesem technisch-ökologischen Aspekt existiert auch ein soziologisch-ökonomischer Aspekt,der von der optimalen Struktur einer solchen Gemeinde bis hin zu Fragen der Kommunikation und Entscheidungsfindung reicht. Wenn auch die Produktivität von lokaler Produktion und Dienstleistung durch den Einsatz von Technologie steigt, wie sehen die möglichen Relationen zwischen den verschiedenen Gruppen einer Population aus? Und wie könnnen sie einander am besten ergänzen und fördern? Grundsätzlich kann Kommunikationstechnologie die interne Kommunikation einer Gemeinde sowohl (zer)stören als auch auf ein neues Niveau bringen. Kommunikation ist aber die Voraussetzung dafür, daß sich Probleme lokal lösen lassen. Die Kommunikationstechnologie kann dazu zwei neue und möglicherweise entscheidende Aspekte beitragen: sie kann einerseits die Wissensbasis schaffen, die es möglich macht, Informationen lokal zu erhalten,die früher nur an zentralen Orten erhältlich waren. Damit wird die Notwendigkeit der großen Stadt als "Knowledge Base"- der einen beträchtlichen Teil ihrer Identität und Attraktivität ausmacht - relativiert. Sehr viele Interaktionen des kleinen Siedlungsraumes können sich nun nach innen richten - und damit jenen "urbanen Effekt" (Soleri) erzeugen, der die Stärke und Lebensfähigkeit einer Gemeinschaft ausmacht.
Hier kann der nächste große Beitrag der Kommunikationstechnologie einsetzen, einer existierenden Gemeinschaft eine effiziente Entscheidungsbasis für ihre gemeinsamen Anliegen zu geben. Die komplexen, vielfältig verflochtenen Zusammenhänge des sozialen Lebens können sichtbar und handhabbar gemacht werden, der Zusammenhang zwischen Bedürfnissen und Resourcen ex ante durch Computersimulation hergestellt werden. Die Kommunikationstechnologie ermöglicht es der Gemeinschaft, ihr eigenes soziales Leben nicht mehr in fetischisierter Form, sondern als wirklichen Lebensprozeß vorstellig zu machen.
Damit ist der dritte Bereich der Forschungsaktivitäten von
GIVE Die Verbindung von globaler immaterieller und lokaler materieller Produktion bedingt einen völlig neuen Typus von Technologie, dessen Entstehung wir gerade miterleben. In Ermangelung eines besseren Begriffes wollen wir diese Tendenz als Tertiärisierung der Technologie bezeichnen, in Anspielung sowohl auf die aus der Volkswirtschaftslehre überkommene Einteilung der Produktion in Sektoren als auch auf Tofflers Konzept der technologischen Menschheitsepochen. Tertiäre Technologie dient primär dazu, materielle Dienstleistungen zu erbringen, sei es im klassischen Sinn der persönlichen Dienstleistung oder im Sinne des Customizing der Industrieware für den Endverbraucher. Tertiäre Technologie ersstreckt sich über die Bereiche des Haushalts, der Gartenarbeit, der Körperpflege, des Gesundheitswesens und hat vor allem zwei Merkmale: sie setzt eine relativ unspezialisierte Person instand, Funktionen zu verrichten, die ursprünglich nur mit einem hohen Grad an Ausbildung zugänglich waren (Toffler nennt als klassisches Beispiel den Schwangerschaftstest); und, um dies zu erreichen, inkorporiert sie die Geschicklichkeit und die notwendige Information in einem Produkt, das einen hohen Grad von Anpassungsmöglichkeiten aufweist.(Man denke an die modernen Küchenmaschinen mit ihren Myriaden von Aufsätzen). Durch die Kombination von Software, die sowohl den Anwender informiert, als auch die durchaus komplexen Operationen durchführt, ermöglicht sie es dem Anwender, ohne große Mühe eine Menge von Dienstleistungen für den Eigenbedarf zu produzieren. Toffler nennt diese Metamorphose des Konsumenten von Industriewaren zum Produzenten von Diensten für den Eigenbedarf den Prosumer. Der Prosumer ist die dritte Personifikation eines allgemeinen Sozialcharakters nach dem landwirtschaftlich-handwerklichen Produzenten und dem industriellen Konsumenten. Prosumer-Technologie könnte im globalen Dorf eine entscheidende Rolle spielen: die Anwender von Prosumer-Technologie wären imstande, Dienste nicht nur für sich, sondern auch für einen beschränkten Personenkreis in ihrer Umgebung zu erbringen und damit auch jenen Lebensstandard zu garantieren, der normalerweise nur in Städten oder künstlichen und aufwendigen touristischen Einrichtungen möglich ist. Die Ära des Personal Computers hat den Ausblick auf die Prosumer-Technologie der Zukunft ermöglicht; noch fehlen zwei wesentliche Komponenten, um sie wirklich in weitem Umfang zu realisieren: das eine sind - verkabelte oder drahtlose - Local Operating Networks (LONs), die im Unterschied von LANs die Verbindung von Computern zu Operating Devices, zu den erwähnten Vielzweckmaschinen realisieren;und zweitens fehlen noch die prozessorgesteuerten Operating Devices selbst. Es gibt aber seit einigen Jahren Anzeichen für massive Investitionstätigkeit in diesem Sektor und auch schon die erste Vaporware, so etwa das LON-Venture Echelon des Apple-Finanziers Mike Markulla, für im Silicon Valley und anderswo bereits in ganzseitigen Inseraten geworben wird. Die Integration von LON-Technologie in die physikalische Infrastruktur der TeleÖkoCommunity? und das Experimentieren mit dem sozialen und ökologischen Potential dieser anderen Seite der Computertechnologie wirdden Schwerpunkt des Forschungsbeereiches Tertiäre Technologie bilden; daneben stehen vor allem Fragen der Gesundheitsvorsorge, lokaler medizinischer Dienste und "self-reliance" (wie Biofeedback-Information-Server) im Vordergrund.Technologie mag übrigens nicht der einzige Weg und nicht das einzige Potential sein, unsere diesbezüglichen Probleme zu lösen - aber sie ist definitiv imstande, uns den Zugang zu den anderen Wegen zu erleichtern.
Neben diesen drei fundamentalen Forschungsprojekten sind weitere ergänzende Schwerpunkte vorgesehen, in denen sich GIVE
So benötigt die Teleecocommunity ein Ausbildungssystem, das zu guten
Teilen auf Fernlehre oder *Distance Education* beruht. Das Potential,
sämtliches Wissen der Welt an Ort und Stelle verfügbar zu haben - nach
seriösen Voraussagen wird im Jahr 2000 bereits der überwiegende Teil
des menschlichen Wissens in digitaler Form vergegenständlicht sein,
zwischen 80 und 90 % - bedarf der Umsetzung in ein völlig neues
Ausbildungssystem, das auf einer Kombination von lokaler Supervision,
Lernsoftware und Teletutoring beruht. Wir können nicht mit Sicherheit
voraussagen, ob die Zukunft eher dem (synchronen) "virtuellem
Klassenzimmer" oder dem (diachronen) "electronic Learning" gehört; im
ersten Modell besteht eine permanente Interaktion mit einem
menschlichen Lehrer, dessen Unterrichtstätigkeit über interaktive
Verbindungen in einen Cluster von örtlich weit verstreuten Empfängern,
entweder zu Hause oder in einem nahegelegenen Satellite Classroom
abgewickelt wird. Im zweiten Modell liegt der Schwerpunkt auf
Bildunggssoftware, die zeitunabhängig durchgearbeitet werden kann und
zum Zweck der Evaluation und Vertiefung mit einem Netzwerk von Tutoren
gekoppelt ist, die entweder nach Terminvereinbarung oder Schichtplan
kontaktiert werden können. Es läßt sich aber mit Sicherheit sagen, daß
von jedem der beiden Modelle auch positive Impulse auf die Entstehung
und Verbreitung von TeleÖkocommunities? ausgehen können, daß die neuen
Berufe und Institutionen, die sich mit Distance Learning und
verwandten Gebieten beschäftigen, auch zu den raschesten Adaptoren von
Modellen wie GIVE
Ein weiteres Problem,das in der Folge der Teleökocommunity
auftritt,ist die Frage der Mobilität. Das Eindämmen der erzwungenen
Mobilität bedeutet ja nicht nur, daß allein dadurch ein gewaltiger
Gewinn an Zeit und Produktivität erzielbar ist, es werden auch mit
einem Schlag vorhandene gesellschaftliche Ressourcen für freiwillige
Mobilität verfügbar. Nichts liegt der Projektidee GIVE
So wichtig auch die jeweilige lokale Community als physisches
Bezugssystem auch des globalen Nomaden bleibt, so vielfältig sind die
Heimaten und Identitäten dieses Bürgers des Informationszeitalters.
Schon jetzt,im Zeitalter der elektronischen Post und
Nachrichtenboards, erleben die Teilnehmer an der weltweiten
elektronischen Vernetzung,daß sie zu Mitgliedern virtueller
Gemeinschaften
Erstrecken sich die virtuellen Gemeinschaften
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